Corona und der stationäre Handel in Münster

Seit mehreren Wochen gelten in Nordrhein-Westfalen Ausgangsbeschränkungen. Viele Betriebe dürfen seither ihre Geschäfte nicht mehr öffnen. Besonders hart trifft es auch den stationären Einzelhandel.

Andreas Weitkamp, Geschäftsführer und Inhaber des Modehaus Schnitzler und des Weitkamp Stores am Prinzipalmarkt in Münsters Innenstadt trinkt erstmal einen Kaffee und postet die Tasse auf Social Media. #Schnitzlerskaffeepause heißt es zum Start in den Tag. Wenig später starten die Social-Media-Kampagnen mit dem Verweis auf den eigenen Onlineshop.

Andreas Weitkamp: „Wenn Social-Media für irgendwas gut ist jetzt, dann um den Leuten das Gefühl zu geben, dass sie zwar getrennt sind, aber nicht alleine.“

Die Corona-Krise und die damit verbundenen Ausgangsbeschränkungen machen es Händlern schwer, ihre Kunden zu erreichen. Die beiden Modehäuser in der Münsteraner Innenstadt mussten vom einen auf den anderen Tag ihre Türen schließen. Das Bekleidungsgeschäft für hochwertige Damen- und Herrenmoden lebt von Kunden, die diese Produkte erfahren und berühren möchten. Auch sonst ist Weitkamps Motto dem Kunden mehr zu bieten als nur ein Ladenlokal.

Andreas Weitkamp: „Wir wollen dem Kunden das Gefühl vermitteln, dass es im stationären Handel um mehr geht als um den Preis.“

Doch was tun, wenn das nicht mehr möglich ist? Nach kurzer Schockstarre und den nötigen administrativen Aufgaben, die in dieser nie dagewesenen Situation bewältigt werden mussten, ging der Blick nach vorn. Das geschichtsträchtige Modehaus Schnitzler reagierte schnell und baute seinen bereits existierenden Onlineshop sowie die Social-Media-Bemühungen weiter aus und sucht auch fortlaufend Wege, seinen Kunden trotz der Entfernung den Mehrwert zu bieten, den sie stationär gewohnt sind.

Andreas Weitkamp: Das war der Mittwoch (Tag der Schließung, Anm. des Redakteurs). Und das ist so ein Moment, wie sich jeder vorstellen kann, der schon irgendwie einschneidend ist, weil wir immer gesagt haben: Wir sind durch und durch stationärer Händler. Alles was wir online gemacht haben und über die letzten Jahre immer mehr gemacht haben ist im Vergleich zu unserer Denke, zudem wie wir aufgestellt sind, durch und durch stationär. Und in dem Moment wo du die Tür zu machst, an so einem Mittwoch […]. Und Leute in der Stadt und auf dem Markt sind und du drehst den Schlüssel rum, bist du kein stationärer Händler mehr.“

Vor der Krise machte der Onlineshop einen marginalen Anteil am Gesamtumsatz des Unternehmens aus. Das enorme Wachstum der letzten Wochen stimmt Weitkamp allerdings positiv und überrascht ihn, als Treiber von digitalen Lösungen für den stationären Handel, nicht. Weitkamp hat konkrete Maßnahmen vorgenommen, um der Krise entgegenzuwirken. So ist das Mitarbeiterkontingent im Bereich „Online“ durch interne Umstrukturierungen erhöht worden und das Social-Media-Marketing ist an die neuerlichen Umstände angepasst worden. Dafür wurde das Storytelling auf die Home-Office-Umstände und Ausgangsbeschränkungen angepasst. Immer mit einem zwinkernden Auge, denn auch in solch tragischen Situation für alle Mitbürger, sollte die Ironie dennoch nicht zu kurz kommen.

Jetzt geht es Weitkamp darum, diesen entstandenen Aktionismus und die Bereitschaft zur Veränderung auf nachhaltige Beine zu stellen.  Dabei geht um progressive Plattformlösungen für den stationären Handel in Münster. Hier gilt es mit Experten, Multiplikatoren und den Kollegen an einer ganzheitlichen und vor allem systematischen Lösung zu arbeiten.

 

Das Gespräch mit Herrn Weitkamp führten Daniel Schlemermeyer (Mitarbeiter im  Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen) und Simon Janssen (Projektmitarbeiter des Digital Hub münsterLAND) im Rahmen des Podcasts „eskaliert“ von münsterLAND.digital.

 

Termine zu digitalen Sprechstunden des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Lingen finden Sie hier: Zu den Terminen

 

Text: Daniel Schlemermeyer

Foto: Adobe Stock – New Africa