Gründer*innen aus dem Agrarbereich erhielten bei der Hybrid-Veranstaltung am 10. September Antworten auf die Frage: „Ist meine Idee – mein Startup –förderfähig?“ und erfuhren gleichzeitig von den zahlreichen Unterstützungsmöglichkeiten. Gemeinsam mit dem Seedhouse Osnabrück (InnovationsCentrum Osnabrück GmbH), organisierte das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen die Veranstaltung, die mit über 40 Teilnehmenden auf besonders große Resonanz stieß. Unterstützt wurde diese durch f3-farm.food.future und moderiert durch Nikolas Neddermann, wissenschaftlichen Mitarbeiter der Hochschule Osnabrück und selbst Landwirt.
Der digitale Fortschritt macht auch vor dem Agrarbereich nicht Halt. Startup-Unternehmer*innen haben oft ungewöhnlich wirkende Ideen, die zur Verbesserung von Abläufen oder ganz neuen Geschäftsmodellen führen. Doch bevor eine Idee zu einer Innovation wird, also die sogenannten „Marktreife“ erlangt, sind häufig Hürden zu meistern. Dabei sind digitale Prozesse, bei denen umfangreiche Daten zu managen und zu verwalten sind, Herausforderung und Chance zugleich. Diese wurde im Einführungsvortrag von Tim Siebert (Startup-Manager im seedhouse) deutlich.
Zu Gast waren drei Startups aus dem Agrarsektor: Seedalive, Trilitec und SAM-Dimension, die ihren ihren Werdegang und ihre Erfahrungen während und nach der Gründung schilderten. Denn hinter jedem Startup stecken Persönlichkeiten, die für ihre Idee brennen und Hindernisse in Kauf nehmen, damit die eigene Vision Wirklichkeit wird.
Seedalive nutzt KI in ihrem Keimfähigkeitsschnelltest für Samenkörner. Sie sind eine Ausgründung der Universität Osnabrück (Fachbereich Biologie, Prof. Mummenhoff) und Jens Varnskühler von seedalive erläutert, dass die „Nachfrage nach den Tests sehr groß ist. Die Tests sind ungefährlich, zuverlässig, unaufwändig, schnell, günstig und die Samen erhaltend.“ Die Idee hinter dem Test ist, dass Landwirte ein wichtiges Qualitätsmerkmal ihres Saatguts selbstständig überprüfen können.
Bei Robin Mink von SAM-Dimensions geht es hoch hinaus. „Bis zu 90 % der ausgebrachten Herbizide treffen nicht die Unkräuter, sondern den Boden oder die Kulturpflanze“, so Mink. Die Lösung: Es sollen nur an den Stellen im Feld Herbizide ausgebracht werden, an denen sich Unkräuter befinden. Mit einer Drohne überfliegen die Gründer Felder und können mit diesen KI-basiert Unkräuter erkennen. Daraus wird eine virtuelle Karte erstellt und dem Landwirt zur Verfügung gestellt. Nun kann dieser eine einzelpflanzenspezifische Behandlung vornehmen, was umweltschonen und kostensparend ist.
„Der Erntewächter“ – so nennen die drei Brüder von Trilitec ihre Sensorplattform zur Objekterkennung und –unterscheidung, erzählt Gründer Benjamin Littau. Er besteht aus Kameras und Sensoren die auf dem Dach eines Treckers montiert werden. Eine KI wertet dann die empfangenen Daten aus. So können Kulturpflanzen von Metallen, Steinen oder auch Tiere unterschieden werden: Die Ernte kann sicher und ohne Zwischenfälle und Stillstandszeiten erledigt werden.
Startups werden von mehreren Seiten mit Fördermöglichkeiten und fachkompetenten Ansprechpartner*innen unterstützt. So stellte Dr. Stefanie Grade von der Deutschen Stiftung Umwelt (DBU) das „Green Start-up Programm“ vor. Beispielhaft nannte sie zwei von der DBU geförderte Startups mit KI-basierten Innovationen. Wichtig in diesem Förderprogramm ist, dass durch das Geschäftsmodell auf innovative und wirtschaftlich tragfähige Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit entwickelt werden.
Dr. Stefan Stiene vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) berichtete über die Forschungsaktivitäten des DFKI im Anwendungsfeld Landwirtschaft in Osnabrück. Zu diesen gehören die Projekte Experimentierfeld Agro-Nordwest, DAKIS, SoilAssist oder Zukunftslabor Agrar. Darüber hinaus stellte er dar, wie Agrar Startups in DFKI-Projekten mitwirken können. „Startups zum Fliegen bringen …“ sagte Dr. Benjamin Kowalski in Hinblick auf die Situation der Unterstützungsmöglichkeiten für Startups, „…das funktioniert in Deutschland schon ganz gut“. Er warb für das umfangreiche Netzwerk EIP Agrar und Innovation Niedersachsen (EIP-Agri) von der Europäischen Innovationspartnerschaft für Nachhaltigkeit und Produktivität in der Landwirtschaft.
Die zahlreichen Teilnehmenden aus ganz Deutschland bekamen mit diesen vielfältigen Vorträgen einen optimalen Überblick und Wegweiser für ihr KI-Agrar-Startup. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe ist geplant, kündigte Moderator Nikolas Neddermann an.
Foto: Alexander Bose