Bleibt Home-Office auch nach der Corona-Krise ein Dauerbrenner?

Haben das Corona-Virus und die damit verbundenen Einschränkungen dazu geführt, dass Unternehmen künftig dauerhaft auf Home-Office setzen? Marvin Rix ist Vertriebsleiter der Firma IT-Service MEDATA GmbH im niedersächsischen Melle. Auch die MEDATA GmbH richtet Home-Office-Arbeitsplätze für Unternehmen ein. Im Interview erläutert Marvin Rix, welche Kunden seit der Corona-Krise anrufen und wie sich der Home-Office-Trend nach der Krise entwickeln könnte.

Herr Rix, seit wann richtet Ihre Firma Home-Office-Arbeitsplätze ein?

Marvin Rix: Die Einrichtung der IT-Infrastruktur für mobiles, dezentrales Arbeiten machen wir bereits seit einigen Jahren. Schon lange vor der Corona-Krise haben wir in kleinen und mittleren Unternehmen virtuelle Desktops, Anwendungsveröffentlichungen und Terminalserver aufgesetzt, die Einrichtung von „Home-Office“-Arbeitsplätzen ist für uns also ein alter Hut. Weil der Begriff „Home-Office“ in der jetzigen Zeit noch mehr in aller Munde ist, sind wir kommunikativ auf den Zug aufgesprungen.

Wie sah Ihr Kundenstamm vor der Corona-Pandemie aus?

Marvin Rix: Wir sind im KMU-Bereich branchenunabhängig unterwegs, denn beinahe jedes Unternehmen benötigt eine funktionierende IT-Infrastruktur, natürlich auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten. Hierunter fallen Industriekunden mit Außendienstmitarbeitern, aber auch kleine und mittlere Unternehmen, die mehrere Unternehmensstandorte betreiben. Beispielsweise Einzelhändler oder Kanzleien mit mehreren Filialen, die über einen gemeinsamen Server arbeiten möchten.

Was hat sich verändert?

Marvin Rix: Vor der Corona-Krise hat überwiegend die Führungsebene den Wunsch geäußert, von unterwegs oder von Zuhause aus auf Unternehmensdaten zugreifen zu können. Nun sollen Home-Office-Plätze auch für weite Teile der Belegschaft eingerichtet werden. Das Interesse besteht mittlerweile branchenübergreifend: Rechtsanwälte und Steuerberater beauftragen uns genauso wie Handwerksunternehmen. Das hat nun zugenommen. Und man schaut ganz genau, wer innerhalb des eigenen Betriebs ins Home-Office geschickt wird, denn das Vertrauen muss vorhanden sein und auch die Anforderungen an den Datenschutz dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Man schaut ganz genau, wer ins Home-Office geschickt wird – Was meinen Sie damit?

Marvin Rix: Größer aufgestellte Unternehmen führen teilweise Schichtarbeit ein und die Büroräume werden im Team-Wechsel besetzt. Kleinere Unternehmen, wie z. B. Handwerksunternehmen lassen die kaufmännischen Mitarbeiter vom Home-Office aus arbeiten. Ich finde es sehr interessant, wie kreativ Unternehmen jetzt werden. Wo wir früher dicke Bretter bohren mussten, um Unternehmen davon zu überzeigen, die IT-Infrastruktur auf dezentrales Arbeiten umzustellen, rennen wir jetzt offene Türen ein.

„Die Unternehmen, die bereits vor einiger Zeit dezentrales Arbeiten eingeführt haben, sind eindeutig die Gewinner der aktuellen Situation.“

Und dann muss alles schnell gehen ….

Marvin Rix: Richtig! Die Unternehmen, die bereits vor einiger Zeit dezentrales Arbeiten eingeführt haben, sind eindeutig die Gewinner der aktuellen Situation. Die sind jetzt froh, ihre IT-Systeme in der Vergangenheit schon aufgebaut zu haben. Bei denen müssen wir in der Regel lediglich das bereits Vorhandene „hochschrauben“, also beispielsweise Arbeitsplatzlizenzen erhöhen oder an der einen oder anderen Stelle einen Arbeitsplatz mehr einrichten. Diese Unternehmen wissen auch, worauf es beim mobilen Arbeiten ankommt.

Und andere Unternehmen?

Marvin Rix: Die unerfahrenen Unternehmen haben eher ein verfälschtes Bild davon. Einfach eine Internetleitung aufzubauen, damit ist es nicht getan. Es sind einige Voraussetzungen zu beachten und die Organisation drumherum wird oft unterschätzt .

Inwiefern?

Marvin Rix: Man merkt ganz genau, dass die Unternehmen mit Erfahrung im Bereich des dezentralen Arbeitens eine gewisse Entspannung an den Tag legen. Vertrauensarbeitszeit wird gelebt und mit den erhöhten Anforderungen an die IT-Sicherheit kommen die meisten zurecht. Führungsebene und Belegschaft müssen in der Corona-Krise keine 180-Grad-Drehung vollziehen. Unternehmen ohne Erfahrung haben in Bezug auf mobiles Arbeiten technologische und auch organisatorische Wissenslücken, da haben auch wir als IT-Anbieter zum Teil Aufklärungsarbeit zu leisten.

Könnten Sie da etwas aus dem Nähkästchen plaudern? Was umtreibt die Unternehmen in der aktuellen Situation besonders?

Marvin Rix: Die Sorge darüber, weniger Kontakt zum Kunden zu haben oder den Kontakt dauerhaft zu verlieren, da man für diese Situation nicht optimal aufgestellt ist. Man hofft, mit bestimmten Mitteln, wie beispielsweise Videokonferenzen und ähnlichem, Kundenbeziehungen aufrecht erhalten zu können. Wo vorab analog gearbeitet wurde, soll jetzt auf einmal alles im virtuellen Raum stattfinden. Die Unternehmen wissen nicht, wie sie die neuen Anforderungen passend in ihre IT-Systeme einbinden können. Wir beurteilen die technische Umsetzbarkeit individuell und dürfen dann auch die Umsetzung durchführen.

Ist Cloud Computing ein Thema?

Marvin Rix: An einigen Stellen macht Cloud Computing durchaus Sinn. Ich selber halte hybride Lösungen, also eine Aufteilung zwischen Cloud-Diensten und eigener IT-Infrastruktur, für viele Unternehmen denkbar und auch sinnvoll. Hier muss man allerdings abwägen, welche Daten auf dem eigenen Blech bleiben sollten und wo Cloud-Rechenzentren gute Dienste leisten können. Auch hier zeigt sich eine erhöhte Nachfrage, auf die wir täglich Antworten liefern müssen.

„Der Mensch braucht direkte soziale Kontakte.“

Wird „Home-Office“ auch nach der Krise stark nachgefragt sein?

Marvin Rix: Es gibt unterschiedliche Persönlichkeiten. Für manche ist Home-Office ein Segen, für andere ein Fluch. Es wird sich zeigen, wie viele Menschen dauerhaft auf Home-Office umsteigen. Unternehmen werden aber die Möglichkeit verstärkt anbieten, wenn sie jetzt sehen, dass es funktioniert hat. Vielleicht wird aber auch hier eine flexible Lösung gefunden, also nicht dauerhaft im Home-Office verweilen, sondern auch an manchen Tagen ins Büro kommen. Der Mensch braucht direkte soziale Kontakte, die die Videokonferenz-Lösungen aus dem Home-Office heraus niemals kompensieren können.

 

Das Interview via Videokonferenz führte Alexander Bose.

 

Foto Kopfbereich: Adobe Stock – inueng