Durch die Schließung der Ladengeschäfte des Einzelhandels aufgrund von Corona, durchlebten viele Unternehmer eine Phase, die von großer Ungewissheit geprägt war. Langsam können Einzelhändler wieder aufatmen, die Ladengeschäfte dürfen im Rahmen der aktuell geltenden Maßnahmen wieder öffnen. Benjamin Allgaier, Geschäftsführer der Omega Electronic GmbH, berichtet im Interview, wie das Unternehmen die Corona Krise erlebt und was sich dadurch verändert hat.
Herr Allgaier, auch Sie waren von der Schließung Ihres Ladengeschäfts im Rahmen der Maßnahmen, die zur Eindämmung von Covid-19 entschieden wurden, betroffen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt und was hat sich dadurch bei Ihnen verändert?
Benjamin Allgaier: Die Zeit haben wir natürlich sehr intensiv erlebt, nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl und Geschwindigkeit der Veränderungen. Die Zeit war aus unserer Sicht anfänglich von Unsicherheit geprägt. Scheinbar wöchentlich gab es neue Informationen über neue Maßnahmen, die scharf gesagt „morgen“ gültig sind. Insgesamt war und ist die Situation während Covid-19 eine sehr anspruchsvolle. Unser Ziel war und ist es, gestärkt aus dieser Situation herauszugehen.
Wenn Sie hier von Unsicherheiten sprechen. Um welche Art Unsicherheiten geht es? Welche Sorgen haben Sie zu Beginn am meisten beschäftigt?
Benjamin Allgaier: Das Thema Unsicherheiten betrachtet man intuitiv aus mehreren Perspektiven. Die Gesundheit jedes Einzelnen stand stets an erster Stelle. Ein gar nicht so einfaches Unterfangen mit einem zu diesem Zeitpunkt noch relativ unbekannten Gegenspieler. Mein größter Respekt gilt hier nach wie vor dem Team, für den souveränen Umgang in dieser Situation. Hinzu kommt, dass man vor großen finanziellen Unsicherheiten steht. Das heißt, wenn der Laden schließen muss, dann werden auch keine Einkünfte mehr generiert. Davon ist natürlich indirekt auch das Team betroffen, also die Mitarbeiter für die man definitiv die Verantwortung übernimmt und deren man natürlich bestmöglich gerecht werden will. Für uns als Unternehmen ging es in dieser anfänglichen Phase definitiv ums „Überleben“, auch wenn das aktuell rückblickend vielleicht etwas drastisch klingt. Aber in dem Moment, in dem man die Türen zu macht, ist das tatsächlich erstmal ein Überlebenskampf. Später wurde unsere Unsicherheit dadurch verstärkt, dass wir nicht wussten, ob wir den Anforderungen, die durch immer neue Maßnahmen geschaffen wurden, überhaupt gerecht werden können. Man wusste nur, alles ist irgendwie im Umbruch.
Trotz dieser Unsicherheiten konnten Sie viele kleinere und größere Maßnahmen durchführen. Was waren dafür Ihrer Meinung wichtige Treiber?
Benjamin Allgaier: Zum einen, hatten wir vorab zusammen mit dem ERCIS (European Research Center for Information Systems) bereits ein paar Ideen gesammelt und viele wichtige Vorbereitungen getroffen, das war natürlich super. Auf das was dann allerdings kam, also Corona, kann man sich jedoch nicht vorbereiten. Pläne, die eher für die nächsten zwei Jahre angedacht waren, sind dadurch schlagartig vorgerückt, sodass bei uns dann eigentlich relativ viel los war. In gewisser Weise wurden wir gezwungen neue Wege zu beschreiten und unsere Komfortsituation zu verlassen. Sobald es dann also hieß: „Die Ladengeschäfte bleiben zu“, stellten wir uns schnell die Frage, „Was machen wir?“. Sobald die Tür zu bleibt, wird es jede Minute gefühlt ein Grad wärmer. All das war natürlich ein enormer Treiber und Antrieb. Gerade auch weil man schnell realisiert, „ich brauche neue Möglichkeiten und schaue vielleicht mal über den Tellerrand hinaus und orientiere mich in dieser Zeit neu.
Welche neuen Wege haben Sie dann folglich beschritten? Welche Dinge hat Ihr Unternehmen umgesetzt und was davon ist aus Ihrer Sicht besonders gewinnbringend?
Benjamin Allgaier: Zum einen haben wir die interne Kommunikation umgestellt. Die passive Kommunikation über E-Mail haben wir direkter gestaltet, also das man auf einmal Meetings über Videocalls führt oder auch einfach Videobotschaften aufgenommen werden. Zum anderen haben wir auch in der externen Kommunikation einiges umgestellt. Vorher gab es natürlich schon unsere Social-Media-Kanäle, aber die dann auch wirklich gewinnbringend zu nutzen, das war für uns definitiv eine Neuerung. Unsere Beratung haben wir dann zusätzlich per Telefon, Messenger, Video Chat oder E-Mail angeboten, also neue Kommunikationswege eröffnet, um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben. Das war natürlich super. Für uns besonders, war auch die Idee, dass wir einen Abholservice anbieten. Was anfangs für uns nur eine Art digitales Schaufenster war, entwickelte sich dann zu einem Abholshop, wo zumindest schon mal unsere Top-Artikel gelistet waren. Das Thema digitales Bezahlen war dann auf einmal auch eine Möglichkeit, die wir schnell umsetzen konnten. Auch eine lokale Lieferung über „Leezen Heroes“ war dann so ein Bereich, der aus unserer Sicht gut gepasst hat und einfach anzubieten war. Das waren für uns viele Schritte in kurzer Zeit. Während der Umsetzung haben wir dann irgendwann festgestellt, dass wenn man diese eigentlich größeren Projekte in kleine einzelne Teile runterbricht, man im Prinzip jedes Problem bewältigen kann. Das war eine ganz wichtige Erkenntnis für uns.
Welche Rückmeldung bekommen Sie und Ihr Unternehmen bezogen auf diese Neuerungen? Wie reagieren Kunden auf das „digitale“ Omega?
Benjamin Allgaier: Grundsätzlich wurde unsere „Kundennähe auf Distanz“ in Form von Beratung in Kombination mit Abholshop stark in Anspruch genommen und wir erhielten überwiegend positives Feedback. Eine Sache, die subjektiv wahrgenommen wurde ist, dass sich die Kunden sehr solidarisch zeigten und wieder stärker lokal orientieren. Allein schon der Versuch wird honoriert. Wenn die Leute sehen, dass du es versuchst, dann drücken sie im ersten Moment nochmal ein Auge zu, falls etwas noch nicht reibungslos läuft wie geplant.
Der Versuch wird also honoriert. Was würden Sie in der Hinsicht denn anderen Händlern empfehlen, was könnten vielleicht erste Schritte sein? Was sind entscheidende Erfolgsfaktoren?
Benjamin Allgaier: Also was ich auf jeden Fall empfehlen kann ist, es zu versuchen. Versuchen und loslaufen. Egal welches Ziel ich mir setze, wenn ich den ersten Schritt nicht mache, dann komme ich nicht an. Das habe ich früher eigentlich immer belächelt, aber es hat nach wie vor seine Gültigkeit bewiesen. Am Anfang haben wir irgendwie so ein großes Projekt vor uns hergeschoben. Aber wenn man es in kleine modulare Projekte runterbricht und es einfach versucht, dann kann man die Sache schnell meistern. Meistens liegen die Herausforderungen eh ganz woanders als man im ersten Moment denkt. Und wenn man dann vor einer Hürde steht, dann nimmt man vielleicht einen Weg drum herum, der dann im Endeffekt vielleicht sogar der bessere ist. Das zweite, was aus meiner Sicht ganz wichtig ist, ist das Kommunizieren. Es geht darum den Leuten ganz klar mitzuteilen, „hey, wir testen da mal was, sagt uns wie es euch gefällt.“ Die meisten geben dann auch ganz offen und ehrlich Feedback und man stellt schnell fest, woran man vielleicht noch etwas arbeiten muss. Auch gegenüber den Mitarbeitern gilt es offen zu kommunizieren. Es ist essentiell, dass man sie mit ins Boot holt. Jeder hat seine individuellen Fähigkeiten, die zum Erfolg beitragen können und das gilt es unbedingt zu erkennen. Also: Einfach weniger reden, mehr machen.
Bleiben wir mal beim Thema Kommunikation. Haben Sie sich in dieser Phase auch mit anderen Händlern, die ja bekanntlich alle in der gleichen Situation waren, ausgetauscht? Und wenn ja, als wie wichtig schätzen Sie diese Kommunikation ein?
Benjamin Allgaier: Klar, man hat natürlich geschaut, wie machen es andere. Der Austausch mit Gleichgesinnten ist aus meiner Sicht enorm wichtig. Teilweise haben wir uns auch branchenübergreifend ausgetauscht, beispielsweise mit Unternehmen aus dem Bekanntenkreis oder mit anderen benachbarten Unternehmen. Das ist diese lokale Solidarität, die wir stark wahrgenommen haben. So kann man die Dinge einfach mal ganz ehrlich ansprechen: Sag mal, ihr habt doch einen Lieferservice, das haben wir zum Beispiel gar nicht. Worauf muss ich hierbei besonders achten? Ihr habt doch auch online Payment. Wie wird das angenommen?
Zum Schluss habe ich noch folgende Frage an Sie: Wie geht es jetzt weiter und was sind die Haupterfolge? Was können und werden Sie weiterführen?
Benjamin Allgaier: Wir werden viele Maßnahmen in einem ruhigen Moment Revue passieren lassen und mit etwas Abstand erneut evaluieren. Was wir auf jeden Fall mitnehmen ist dieses „Machen“. Auch bei uns gab es ganz klar Ziele, die wir eher auf der mittelfristigen Schiene hatten, aber dann doch jetzt kurzfristig angegangen sind. In der nächsten Zeit werden wir unsere technische Infrastruktur weiter ausbauen, Serverkapazitäten hochfahren, unsere Außendarstellung optimieren, neue Schnittstellen schaffen, um die Einbindung von Click-and-Collect voranzutreiben, et cetera. Dann wollen wir natürlich sehen, wie diese Dinge bei den Leuten ankommen. Wir wollen wieder kleine neue Dinge testen und in den wichtigen Dingen professioneller werden. Wir werden weitermachen.
Das Interview führte Andreas Hermann.
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