Erstes digitales enablingcamp Münsterland erfolgreich durchgeführt

Mit dem enablingcamp Münsterland 2020 fand am 05. Juni zum vierten Mal das Barcampformat zum Thema „Innovation und Digitalisierung im Mittelstand“ statt. In diesem Jahr allerdings mit der Besonderheit, dass das gesamte Barcamp online stattfand. Mehr als 100 Interessierte meldeten sich für das virtuelle Barcamp an, um über Innovation und Digitalisierung im Mittelstand zu diskutieren. Über den Tag verteilt brachten die Teilnehmenden aus Mittelstand, Wissenschaft und Startups in insgesamt 14 Sessions ihre Meinungen und Ideen ein.

Hinter den Kulissen des ersten digitalen enablingcamps.

Zur Teilnahme traten alle einer Videokonferenz bei. Während zur Begrüßung und zur Abschlussrunde alle Teilnehmer in dieser großen Videokonferenz zusammenkamen, verteilten sich die Teilnehmenden über den Rest des Tages auf vier parallel stattfindende Videokonferenzen. Trotz des virtuellen enablingcamps kamen die besonderen Charakteristika eines Barcamps zum Tragen. So gab es im Vorfeld keine festgelegte Agenda und alle Teilnehmenden konnten sich aktiv in die Gestaltung des Programms einbringen. Auch die zum Barcamp gehörige Abstimmung zur Erstellung des Sessionplans konnte über die digitalen Hilfsmittel interaktiv durchgeführt werden.

Die Themenvielfalt der Sessions war auch in diesem Jahr sehr groß. Von Impulsen zu Technologiethemen wie Künstliche Intelligenz und Robotik bis hin zu Diskussionen über Strategiethemen, wie beispielsweise zum veränderten Kundenverhalten während der Corona-Krise, aber auch konkrete Tipps durch Workshops, zum Beispiel zum kollaborativen, digitalen Arbeiten, führten zu einem abwechslungsreichen Programm.

Insgesamt war das erste digitale Barcamp ein voller Erfolg und bot den zahlreichen Teilnehmenden aus dem gesamten Münsterland ein spannendes Programm.

Das enablingcamp Münsterland 2020 wurde gemeinschaftlich vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen mit dem Digital Hub münsterLAND, dem Projekt Enabling Networks des Münsterland e. V., dem Projekt Digi-Up! Netzwerk für digitale Produktion, NRW Innovationspartner und dem Projekt Start.Connect durchgeführt.

Nachfolgend finden Sie eine kurze Zusammenfassung aller 14 Sessions:

 

Einleitend wurde das Konzept der Smart Region am Beispiel der Stadt Ahaus vorgestellt. Mit dem Ziel, ländliche Regionen und das Leben für die Einwohner attraktiver zu gestalten, wurden in Ahaus zahlreiche Dienstleistungen aus den Bereichen Mobilität, Einzelhandel, Gastronomie oder Hotellerie durch digitale Lösungen erweitert oder ergänzt. In der anschließenden Diskussion wurde der Wandel traditioneller Beschäftigungsformen diskutiert und mögliche digitale Lösungen beleuchtet. Die Auswirkungen der aktuellen Corona-Pandemie bewerteten die Teilnehmer als Chance. So mache die Krise viele Menschen offener für digitale Lösungen und reduziere den Widerstand gegen Veränderung.

In der Session wurde über Beratungsangebote für Unternehmen in Digitalisierungsprozessen diskutiert. Freie Berater, die Beratungsangebote der Kreise und Kammern oder des Veranstalters Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen, aber auch die Hochschulen bieten Unternehmen in der Region zahlreiche Unterstützung bei Digitialisierungsvorhaben. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass Unternehmen eine klare Darstellung der angebotenen Leistungen benötigen. Abschließend wurde die Zukunft von Cloud-Technologien diskutiert und in Krisenzeiten als echte Chance bewertet.

In der Session wurde diskutiert, welche Anforderungen Unternehmen an die Automatisierung von Geschäftsprozessen vor dem Hintergrund des digitalen Wandels und einem wachsenden Fachkräftemangels haben. Neben der Betrachtung aktueller Technologien, tauschten sich die Teilnehmer darüber aus, wie das notwendige Know-how in Unternehmen aufgebaut werden kann und welche Rolle die Motivation bzw. Unterstützung der Mitarbeiter*Innen in Veränderungsprozessen spielt. Innovative Lernkonzepte und öffentliche Förderinstrumente waren nur zwei von vielen Aspekten in der Session.

Die Session startete mit der Präsentation eines VR-Projektes, das den alten Zoo Münsters aus dem Jahr 1919 darstellt. Auf Basis von historischem Bild- und Kartenmaterial visualisierte Sven Schüler gemeinsam mit David Akopyan die damalige Idee eines Zoos. An diesem Beispiel wurden technische Aspekte von VR-Projekten thematisiert und mögliche Anwendungsfelder für Unternehmen aus dem Tourismus, der Industrie oder dem Handel diskutiert. Schon während der Session wurden Kooperationsmöglichkeiten sichtbar, die uns dieses Themenfeld gespannt im Blick behalten lassen.

In dieser Session wurden funktionale Online-Arbeitsumgebungen am Beispiel von Microsoft 365 und Microsoft Teams besprochen. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise kommt der virtuellen Arbeitsumgebung eine ganz neue Bedeutung zu. Viele und teilweise sogar alle Prozesse moderner digitalisierter Unternehmen werden mittlerweile in Cloud-Lösungen abgebildet, die sowohl die Schnittstelle zu den Kunden, den Geschäftspartnern als auch zu den eigenen Mitarbeitern darstellen können. Eine Möglichkeit um das Prädikat „Home-Office-Ready“ zu erreichen, sind die Office-Dienste von Microsoft in Kombination mit der Kollaborationslösung „Teams“ die wiederum mit weiteren Diensten andere Anbieter vernetzt werden können. Die Möglichkeit der Integration reicht bis hin zur „Multi-Cloud“ Lösung, die allerdings schon eher „managed services“ durch einen Dienstleister benötigt. Zwei wesentliche Aspekte stachen aus der Diskussion hervor: 1. durch die Datenverlagerung in die Cloud treten neue Sicherheitsfragen auf 2. Die neuen Online-Arbeitsabläufe gehorchen oft eigenen Regeln und sind sehr individuell. Daher bietet es sich an, dass sich die Arbeitsbereiche eigene Abläufe und Dienst-Kombinationen erstellen, um ihre persönliche Arbeitsumgebung zu optimieren. Starre Standardlösungen sind oft ineffizienter.

Wie schnell fast undenkbare Szenarien zur Realität werden können hat uns die Corona-Pandemie einmal wieder gezeigt. Gänzlich unbekannt war die Gefahr allerdings nicht. In dem konsequenten Durchdenken vermeintlich abwegiger Fragestellungen liegt aber auch ein Instrument, dass u. a. Unternehmen dazu nutzen können, ausgetretene Denkpfade zu verlassen und bspw. Technologieperspektiven zu entwickeln, neue Geschäftsfelder zu finden oder weitsichtige Daseinsvorsorge zu betreiben. Denn das Durchspielen abwegiger Szenarien beflügelt das sogenannte „laterale Denken“, das es braucht, um innovativ zu sein. Wir erkennen dann das Verborgene, das uns auch außerhalb der Fragestellung weiterhelfen kann. Die Teilnehmer fanden diesen Ansatz äußerst interessant und entwarfen gleich eigene spannende Szenarien: Was passiert eigentlich, wenn wir alle nur noch von zu Hause aus arbeiten? Interessant war die Diskussion um die psychischen und sozialen Folgen für die Menschen, und ob es ggf. auch Geschäftsmodelle gibt, die sich des Problems annehmen könnten, wie z.B. Online-Dienste. Oder aber die damit verbundene Frage danach, was machen wir mit der Zeit, die wir gewonnen haben? Die Analyse solcher Szenarien lässt sich auch strukturieren, z.B. mit einer Impact-Analyse oder der Bestimmung der Eintrittswahrscheinlichkeit. Damit ließen sich dann ggf. auch Krisen effizienter bewältigen.

In dieser Session wurde diskutiert, ob eine künstliche Intelligenz automatisierte Entscheidungen treffen kann, oder ob vielleicht regelbasierte Entscheidungen sinnvoller sind. Die Frage nach der geeigneten Methode hängt dabei stark vom Anwendungsfall ab. Es wurde festgehalten, dass die „künstliche Intelligenz“ kein Hype ist, sondern schon nützliche Anwendungen bietet und ein hohes Potenzial besitzt. Es wurde zudem eine mögliche Anwendung der KI in der Versicherungsbranche diskutiert, indem die KI automatisiert einen Schadensfall abwickelt. Letztendlich hängt die Frage nach rentablen Anwendungen von KI stark davon ab, ob ein Unternehmen sich eventuelle Fehlentscheidungen der KI leisten kann, wenn Sie dafür viele Entscheidungen automatisiert und kostengünstig treffen kann.

„Wie kommuniziere ich mit meinen Kunden während einer Krisensituation wie aktuell die Corona-Pandemie?“ – das war die zentrale Frage, über welche die Teilnehmer diskutierten. Besonders schwierig gestalten sich diese Situation, wenn das Kerngeschäft Ausstellungen oder Servicearbeiten beinhaltet. Lösungen für die beiden Herausforderungen können VR/AR (beides) oder Teamviewer (Servicearbeiten) sein. Bei innovativen Lösungen zur Kundenkommunikation muss beachtet werden, dass der Kunde für die Technologie geschult werden muss. Die Teilnehmer sind sich einig, dass die Krise dazu führt, dass in Zukunft vermehrt auf innovative Kommunikationswege gesetzt wird.

In dieser Session ging es um die Erweiterung der Robotik durch die industrielle Bildverarbeitung. Zu Beginn wurde kurz auf das Projekt Digi-up! und die an der Hochschule in Bocholt entstehende digitale Fabrik eingegangen, ehe ein Forschungsprojekt der WHS zu dieser Thematik vorgestellt wurde. Ein unbekanntes Bauteil wird dabei von einem Kamerasystem erfasst und zu einem 3D-Modell zusammengestellt, damit für den Roboter die Bearbeitungsbahn errechnet werden kann. Das unbekannte Bauteil wird somit automatisch bearbeitet. Anschließend wurde auf spezifische Fragen als auch weitere Möglichkeiten der Robotik-Erweiterung wie bspw. Mensch-Roboter-Kollaboration mit VR oder Gestensteuerung eingegangen.

Zu Beginn wurde kurz auf digitale Geschäftsmodelle und die Eigenschaften von digitalen Plattformen eingegangen. Es wurde gezeigt, dass digitale Plattformen im Schnitt gut durch die Corona-Krise kommen (Aktienkurs). Zusammen mit den Teilnehmern wurde festgehalten, dass digitale Plattformen viele Chancen bieten, aber auch eine Gefahr sein können. Besitzt ein KMU ein gutes Produkt, sollte es einen eigenen Vertriebsweg aufbauen. Letztendlich gibt es drei Möglichkeiten, eine digitale Plattform zu nutzen (eigene Plattform, Plattform mit Partnern, externe Plattform). Es wurde erläutert, welche Schritte zum Aufbau einer eigenen Plattform nötig sind und wie man sich vor Nachahmern schützt (Copycat-Verhalten).

„Systematische Ideenentwicklung ist die Basis für Innovation in Unternehmen – und in Zeiten von Corona erfolgt dieser Prozess zunehmend digital. In dieser interaktiven Session wurde gezeigt, wie sich über die physischen Grenzen von Besprechungsräumen und persönlichen Grenzen hinweg und unabhängig vom Ort Ideen entwickeln, filtern und priorisieren und damit die Basis für Innovationen legen lassen. Mit dem Online-Kollaborationstool „Mural“ wurde anhand der Kreativitätstechnik der „Kopfstand-Methode“ gezeigt, wie sich mit räumlich verteilen Mitarbeitern zunächst möglichst viele Ideen entwickeln lassen und darauf aufbauend, die besten Ideen anreichern, priorisieren und bewerten lassen.

In Mittelpunkt dieser Session stand die zentrale Frage, wie sich Geschäftsprozesse so automatisieren lassen, dass sie sozialverträglich gestaltet werden können. Zunächst wurde in der Gruppe diskutiert, welche Ansätze und Möglichkeiten es gibt, um Automatisierungspotentiale in Geschäftsprozessen zu identifizieren. Genannte Vorschläge waren u.a., per beobachtender Action Research z.B. durch studentische Teams Potentiale zu erschließen, die das Erkennen von Mustern und Strukturen und insbesondere von Wertpotentialen (anstatt Automatisierungspotentialen) in Unternehmen in den Vordergrund stellen und damit Mitarbeiter in den Unternehmen nicht überfordert, sondern einbindet. Dazu gehört eine auf „Digital Leadership“ ausgelegte Führungskultur, die Vertrauen bei den Mitarbeitern aufbaut und den Einsatz digitaler Technologien transparent macht. Zudem müssen die Voraussetzungen für die Realisierung von Automatisierungspotentialen geschaffen werden, z.B. durch Fördern der Innovationsfähigkeit im Unternehmen (Kreativität + Umsetzung), Etablieren einer Fehlerkultur, Schaffen von Freiräumen für Kreativität z.B. durch das Auflösen von Routinen und Hierarchien oder tatsächlich auch physisch durch für alle Mitarbeiter geöffnete Kreativarbeitsräume.

Insbesondere kleinere Unternehmen mit beratungsintensiven Angeboten wurden durch die Corona-Krise vor zum Teil existenzielle Herausforderungen gestellt. Digitale, kundenorientierte Angebote sind daher wichtiger als je zuvor. In der Session wurde das Tool „AKEYI“ vorgestellt und diskutiert. Das Tool wird in die Website integriert und ermöglicht eine 24h/-Terminbuchung mit nachgelagerten Workflows, z.B. die automatisierte Kalendereintragung und Verwaltung und bietet Schnittstellen zu verschiedenen Videochat-Anwendungen. In der Session wurden weitere Anwendungsfelder diskutiert, z.B. bei Jobmatching-Portalen, telemedizinischen Beratungen oder in Reisebüros. Außerdem gab es Anstöße für den Aus- und Aufbau weiterer Services z.B. für den Bereich Wartung im Maschinenbau oder die Integration von Augmented-Reality-Anwendungen.

Das Innovationsforum PredictiveMaintenance@KMU ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt und möchte kleine und mittlere Unternehmen bundesweit über die Chancen von Predictive Maintenance (PdM) informieren, sensibilisieren, relevante Akteure zusammenzubringen, erste Umsetzungsmaßnahmen zu begleiten und eine nachhaltige Netzwerkbildung anzuregen. In der Session wurde der Begriff „Predictive Maintenance“ sowie mögliche Anwendungsfelder diskutiert. Ein Schwerpunkt des Projektes liegt auf der Erstellung eines Predictive Maintenance-Leitfadens, der von der Westfälischen Hochschule entwickelt und modellhaft für Unternehmen unterschiedlicher Branchen aus dem Münsterland getestet wird. Das Projekt sucht weitere Unternehmen, die bei dem Einsatz von Predictive Maintenance-Maßnahmen Unterstützung und Begleitung wünschen.

 

Graphic Recording von Sonja Raiber (muensterland e.V.) zum enablingcamp Münsterland 2020.
Graphic Recording von Sonja Raiber (muensterland e.V.) zum enablingcamp Münsterland 2020.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Headerbild: Sonja Raiber (muensterland e.V.).

Fotos & Text: Nicolas Limberg